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Messunsicherheit

Viele Faktoren beeinflussen das Messergebnis

Jede Messung von Maßen an Werkstücken wie Länge, Winkel, Radius, Form und Lage ist mit einer Messunsicherheit behaftet. Alle auf den Messprozess wirkenden Einflussfaktoren wie Gerätetechnik, Werkstückeigenschaften, Geometrie der Merkmale, Umgebung und Bediener ergeben in der Summe ihrer Wirkungen die Größe dieser Unsicherheit. Je nach Art des Merkmals wirkt sich die Unsicherheit der Messpunkte unterschiedlich auf das Messergebnis aus. So kann bei gleicher Gerätetechnik z. B. der Radius eines Kreissektors wesentlich weniger genau gemessen werden als der eines Vollkreises. Beim Messen von Winkeln oder Achsrichtungen geht die Länge der Schenkel direkt in die Messunsicherheit ein (Abb. 67). Weitere Werkstückeigenschaften wie Form, Rauheit und Verschmutzung beeinflussen zusätzlich das Ergebnis. Bei Multisensor-Koordinatenmessgeräten sind neben anderen Geräteeigenschaften die Parameter der Sensoren besonders wichtig für die erzielbare Messunsicherheit. Gegliedert nach sechs wichtigen Sensortypen fasst Tabelle 1 zusammen, welche Parameter die Messabweichung des Geräts bzw. die Messunsicherheit des Gesamtprozesses beeinflussen.

<p>Abb. 67: Abhängigkeit der Messunsicherheit von der Geometrie der Merkmale: a) Vergleich von Radius- und Durchmessermessung bei Kreissektor und Vollkreis, b) Winkelmessung bei unterschiedlichen Schenkellängen, c) Lagetoleranz mit unterschiedlichen Bezugslängen</p><p>Verbesserungsmöglichkeiten durch angepasste Tolerierung: a) Linienform mit Bezugsmaß, b) Formabweichung, c) Achse durch beide Zylinder</p>

Messunsicherheit theoretisch abschätzen

Nach DIN EN ISO 15530 [11] gibt es verschiedene Methoden, die Messunsicherheit zu bestimmen: Werden nur Längenmaße gemessen, ist es möglich, die spezifizierte Längenmessabweichung direkt zur Abschätzung heranzuziehen. Verbesserungen der Ergebnisse, z. B. durch Messung vieler Punkte und rechnerische Besteinpassung, und der negative Einfluss der Eigenschaften des Messobjekts sind zusätzlich zu berücksichtigen. Entsprechend dem »Leitfaden zur Angabe der Unsicherheit beim Messen« (GUM, [12]) ist die Messunsicherheit durch eine mathematische Überlagerung der einzeln abgeschätzten Fehleranteile als Messunsicherheitsbilanz (nicht ganz treffend auch als Messunsicherheitsbudget bezeichnet) zu bestimmen. Für den Bereich der Koordinatenmesstechnik wurde dies in VDI/ VDE 2617 Blatt 11 aufbereitet.

Messunsicherheit theoretisch abschätzen
<p>Tab. 1: Einflussfaktoren auf die Messunsicherheit: Sensoreigenschaften (grün), Werkstück- bzw. Messprozesseigenschaften (orange)</p>

Messunsicherheit durch simulierte Messung bestimmen

Für die taktile Koordinatenmesstechnik kann die Messunsicherheit durch rechnerische Simulation abgeschätzt werden (virtuelles Koordinatenmessgerät). Dieses Verfahren ist in DIN EN ISO 15530 Teil 4 und in VDI/VDE 2617 Blatt 7 beschrieben. Für optische Koordinatenmessgeräte und Geräte mit Multisensorik oder Röntgentomografie ist dieses Verfahren nicht verfügbar, da die Fehlersimulation für diese Sensorik noch nicht beherrscht wird.

Messunsicherheit experimentell ermitteln

In DIN EN ISO 15530 Teil 3 ist ein Verfahren zur Bestimmung der Messunsicherheit durch Messung kalibrierter Werkstücke beschrieben. Mit diesem Verfahren können auch Korrekturwerte ermittelt werden (Substitutionsmethode), mit denen sich der systematische Anteil der Messunsicherheit deutlich reduzieren lässt. Üblich ist dies z. B. beim Messen von Lehren und Wellen. Nicht berücksichtigt bleibt bei diesem Verfahren der Einfluss sich ändernder Oberflächeneigenschaften der Werkstücke wie die Lage der Bearbeitungsspuren, die Farbe und der Reflexionsgrad. Hierfür ist ein Test an realen Werkstücken die sicherste Methode. Dieses Verfahren wurde bisher häufig eingesetzt, um die Gesamtmessunsicherheit abzuschätzen. Es ist in zahlreichen Werksnormen beschrieben und unter dem Begriff »Messgerätefähigkeitsanalyse« eingeführt. Durch repräsentative Messungen wird sowohl die Reproduzierbarkeit getestet als auch an einzelnen kalibrierten Teilen die Rückführbarkeit der Messung überprüft. Die Bestimmung der Reproduzierbarkeit der Messung erfolgt dadurch, dass verschiedene Teile gleicher Art (typische Vertreter) mehrfach gemessen werden und die Ergebnisse zusammenfassend ausgewertet werden. Es können so sowohl Umwelteinflüsse als auch Einflüsse des Messobjekts selbst (Oberfläche, Farbe) sowie Einflüsse durch den Bediener (Ein- und Ausspannen) zusammen mit den zufälligen Fehlern des Messgeräts untersucht werden. Um einen Gesamtbetrag für die Messunsicherheit zu erhalten, sind jedoch während der Testphase nicht berücksichtigte Einflussparameter wie z. B. langfristige Temperaturschwankungen zusätzlich abzuschätzen. Bei Multisensor-Koordinatenmessgeräten ist es auch möglich, das Kalibrieren der Teile durch Messen mit hochgenauen Sensoren (z. B. mit dem Werth Fasertaster®) auf demselben Koordinatenmessgerät zu ersetzen. So können die sensorspezifischen Messabweichungen von z. B. optischen Messungen überprüft werden.